Was ist eigentlich Stress? Warum haben wir das und ist es vielleicht für etwas gut?
Nun, unser biologisches Design ist gut eine Million Jahre alt. Damals lebten wir in einer für uns viel gefährlicheren Welt als heute. Wir waren Jäger und Beute gleichermaßen. Das Leben war lebensgefährlich. Vor einer Gefahr warnt uns bis heute die Angst. Angst zu haben war damals überlebenswichtig. Gefährliche Tiere und auch andere Menschen konnten eine Bedrohung sein. War der Säbelzahntiger einmal da, flohen die einen und die anderen stellten sich dem Kampf. Dafür musste unser Körper in einen Aktivitätsmodus gebracht werden, er musste bereit sein für Kampf oder Flucht.
Unser vegetatives Nervensystem verfügt dafür über zwei große Kreisläufe. Der Stress-Kreislauf (Sympathikus) stellt Ressourcen für Kampf oder Flucht bereit. Bessere Durchblutung der Muskeln durch erhöhte Herzleistung, flachere und schnellere Atmung zur besseren Sauerstoffversorgung, Fokussierung der Wahrnehmung auf das Wesentliche, Abschaltung aller körperlichen Vorgänge, die nicht für Kampf oder Flucht dienen. Schnelle Reaktionsmöglichkeit. Das geschieht im Wesentlichen durch Ausschüttung von (Stress-) Hormonen.
War der Säbelzahntiger verschwunden oder der Höhlenbär erlegt, plumpsten alle wieder ans Lagerfeuer und der Entspannungs-Kreislauf (Parasympathikus) übernahm. Dann geschieht so ziemlich genau das Gegenteil: Herzfrequenz beruhigt sich, die Stresshormone werden abgebaut, die Atmung wird ruhiger und tiefer, der Blick weitet sich wieder und alle normalen Vorgänge im Körper setzen wieder ein, z.B. die Verdauung.
Also hat(te) Stress durchaus seinen Sinn oder? Warum sind aber Stresskrankheiten bzw. die Folgen von anhaltendem Stress heutige die häufigste Zivilisationskrankheit?
Weil unser Gehirn sich in den vielen Jahren seit den Zeiten des Säbelzahntigers weiterentwickelt hat. Weil wir heute Angst vor Dingen haben, die gar nicht lebensgefährlich sind. Unsere seitdem erworbene Fähigkeit, uns etwas vorzustellen, was (noch) gar nicht geschieht oder wir (noch) nicht sehen, unsere Fantasie, unsere Kreativität, die Fähigkeit zur Abstraktion, kurz: unser großartiges Gehirn spielt uns einen Streich. Wir haben Angst, wenn wir an etwas vermeintlich Gefährliches nur denken. Die Angst ist trotzdem echt und genauso wirksam, heute wie damals. Sie löst Stress aus. Wenn diese Gedanken ins Kreisen kommen, wenn wir nicht mehr aufhören können, an die nächste Prüfung, den nächsten Besuch der Schwiegermutter oder das Gespräch mit dem Chef zu denken, dann können wir auch nicht mehr entspannen. Unser Körper bleibt andauernd kampf- oder fluchtbereit, ohne herunterzufahren und sich entspannen zu können.
Wir haben Angst vor einem Papiertiger, als ob er so gefährlich wäre wie der Säbelzahntiger.
Wie alles in der Natur braucht unser Körper aber einen Ausgleich, hier zwischen Stress und Entspannung. Ohne diesen Ausgleich werden wir krank.
Die gute Nachricht ist: Wir können die Fähigkeiten unseres wunderbaren Gehirns auch dafür nutzen, zu entspannen. Wie das geht, zeige ich dir gern. Das Talent dafür ist bereits in dir angelegt.